Angst ist eine natürliche, sinnvolle und wichtige Reaktion, welche uns vor Bedrohungen warnt und unseren Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Wenn die Angst allerdings in keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr steht, die Angst also ohne realen Anlass auftritt und Du das Gefühl hast, dass Du wesentlich stärkere Angstgefühle erlebst als andere Menschen in vergleichbaren Situationen, kann eine Angststörung vorliegen.
Die Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und können einen großen Leidensdruck sowie eine große Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Leben darstellen. Die gute Nachricht ist jedoch, dass gerade Angst- und Panikstörungen häufig hervorragend auf eine gezielte Psychotherapie ansprechen, sodass der Leidensdruck häufig mit relativ wenigen Sitzungen stark reduziert werden kann.
Im ersten Schritt ist eine diagnostische Zuordnung der Ängste wichtig. Wir geben Euch im Folgenden einen ersten Einblick in die wichtigsten Störungsbilder. Angststörungen sind sehr häufig, innerhalb eines Jahres kommen sie bei 21,3 % der Frauen und 9,3 % der Männer in Deutschland vor[1].
Um Angst besser zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass sich bei der Angstentstehung und Aufrechterhaltung Körper und Psyche gegenseitig beeinflussen. Bei einer Angststörung schaukeln sich diese gegenseitig über einen “Teufelskreis der Angst” bis hin zu einer Panikattacke hoch.
Dieser Aufschaukelungsprozess beginnt typischerweise mit körperlichen oder psychischen Veränderungen. Beispielsweise nimmt der Betroffene ein verstärktes Herzklopfen wahr, welches die Folge unterschiedlicher Ursachen sein kann (Koffeineinnahme, Hitze, Erregung, körperliche Anstrengung etc.). Diese Veränderung wird dann von der Person wahrgenommen und mit Gefahr assoziiert. Durch diese wahrgenommene Bedrohung entsteht ein Angstgefühl. Diese Angstreaktion führt wiederum zu weiteren, stärkeren körperlichen Veränderungen (beispielsweise schlägt das Herz jetzt noch intensiver). Wird dies dann wiederum mit Gefahr assoziiert, wird die Angst noch intensiver bzw. steigert sich bis zur Panik.
Der Teufelskreis der Angst verdeutlicht, wie die Angstreaktion durch die wechselseitige Beeinflussung von Körper und Psyche verstärkt bzw. aufgeschaukelt wird. Ziel einer Verhaltenstherapie ist es, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Dazu wird zunächst gemeinsam mit dem Therapeuten ein individuelles Modell zur Entstehung und Aufrechterhaltung der individuellen Ängste entwickelt. Anschließend werden zusammen mit dem Therapeuten gezielt solche angstbesetzten Situationen aufgesucht. Dabei kann die Erfahrung gemacht werden, dass die befürchteten Konsequenzen gar nicht eintreten. Dies führt zu einer kognitiven Neubewertung der zuvor angstbesetzten Situationen und Themen.
Die Panikstörung ist gekennzeichnet von wiederkehrenden schweren Angstattacken, welche nicht mit bestimmten Situationen in Zusammenhang zu bringen sind. Sie kommen quasi spontan „aus dem Nichts“ und werden von einer Reihe körperlicher Symptome begleitet. Zu den häufigsten wahrgenommenen Symptomen während eines Panikanfalls gehören Herzrasen, Schweißausbrüchen, Zittern, Beklemmungsgefühle, Atembeschwerden und Schwindel. Solche Attacken können auch im Schlaf auftreten und es kommt häufig vor, dass die Betroffenen zunächst eine körperliche Ursache wie einen Herzinfarkt für die körperlichen Reaktionen vermuten.
Wichtig ist hier: Eine Panikattacke macht noch keine Panikstörung! Erst, wenn ein Mensch über einen Zeitraum von einem Monat hinweg mehrere Panikattacken hat, spricht man von einer Panikstörung. Im Beratungskontext kann eine einmalige Panikattacke jedoch durchaus einen Hinweis auf eine mögliche Überlastung liefern.
Der Begriff Agoraphobie (altgriechisch) kann wörtlich mit „Platzangst” übersetzt werden. Die Betroffenen fürchten eine Vielzahl von Situationen und versuchen diese daher zu vermeiden oder können sich dort nur unter großer Angst aufhalten; z.B. sich in Menschenmengen, öffentlichen Verkehrsmitteln/Flugzeugen, Kaufhäusern, Kinos oder engen geschlossenen Räumen aufzuhalten oder auch schon alleine außer Haus zu sein – also Situationen, die im Falle ausgeprägter Angst nicht verlassen werden könnten, in denen keine Hilfe zur Verfügung stünde, oder es sehr peinlich wäre, zu verschwinden. Daher werden vor allem Situationen als bedrohlich erlebt, die eine Entfernung von „sicheren Orten“ (meist das Zuhause) oder eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit bedeuten (subjektives „in der Falle sitzen“). Im Laufe der Zeit entwickeln die meisten Betroffenen ein Vermeidungsverhalten; es werden Orte vermieden, an denen Anfälle auftraten, oder an denen, im Falle eines Anfalls die Flucht schwierig oder peinlich wäre. Daraus kann sich eine massive Beeinträchtigung der Lebensführung ergeben.
Diese Erkrankung kann in Kombination oder ohne Panikattacken vorkommen. In vielen Fällen treten jedoch erst die Panikattacken auf und aus der „Angst vor der Angst“ kann sich dann im Verlauf auch noch eine Agoraphobie entwickeln. Agoraphobien und Panikstörungen verschwinden ohne therapeutische Hilfe nur sehr selten, sind bei einer entsprechenden Therapie, aber gut behandelbar.
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Ängste davor in einer Leistungssituation oder in anderen sozialen Situationen zu versagen und Befürchtungen, von anderen nicht gemocht oder abgelehnt zu werden, sind jedem bekannt und können oft als normale Reaktionen in sozialen Situationen betrachtet werden. Falls die Ängste und Befürchtungen jedoch so stark werden, dass sie die Betroffenen in ihrer Lebensführung deutlich einschränken sowie das berufliche oder soziale Leben darunter leidet, kann eine soziale Phobie vorliegen.
Bei der sozialen Phobie geht es um Angst in sozialen Situationen. Die Betroffenen haben Angst, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und durch bestimmte Verhaltensweisen oder durch das erwartete Sichtbarwerden von körperlichen Angstsymptomen peinlich oder ungeschickt zu wirken. Sie kann aber auch in Situationen auftreten, in denen man Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen möchte oder muss, z.B. bei Unterhaltungen mit Fremden, mit Menschen des anderen Geschlechts oder im Umgang mit Autoritätspersonen. Ebenso zentral ist die Befürchtung von anderen negativ bewertet oder abgelehnt zu werden. Soziale Ängste können auch in Prüfungs- und Wettkampfsituationen relevant werden, da solche Situationen zwangsläufig die Beobachtung und Bewertung durch andere mit sich bringen.
Die Konfrontation oder auch die bloße Vorstellung der Situation löst dabei Angstreaktionen hervor, wie z.B. Herzrasen, Erröten oder Schwitzen, welche häufig mit negativen, oft katastrophisierenden Gedanken einhergehen, die mit perfektionistischen Anforderungen zusammenhängen und die Abwertung durch andere beinhalten:
„Wenn du in dieser Situation versagst, wird dies das Ende deiner sportlichen Laufbahn sein.“
„Du wirst dich so blamieren, dass du dich nie mehr im Kreis von Personen blicken lassen kannst.“
Situationen wie diese vermeiden Menschen mit sozialer Phobie möglichst oder halten sie nur unter starker Angst durch.
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Bei der generalisierten Angststörung sind Sorgen das Kernsymptom. Die Betroffenen leiden unter anhaltenden und eher allgemeinen meist auf die Zukunft bezogenen Sorgen, welche in der Regel sie selbst oder Nahestehende betreffen. Die Inhalte hängen häufig mit dem Alltag zusammen (z.B. Gesundheit, Sicherheit). Häufig wird die Befürchtung geäußert, dass man selbst oder ein Nahestehender demnächst erkranken oder einen Unfall haben könnte. Es werden „Katastrophenszenarien“ gedanklich durchgespielt, ohne je zu einer Lösung gelangen. Betroffene haben oft das Gefühl, ständig besorgt zu sein und dies nicht unter Kontrolle zu haben. Sie versichern sich oft bei ihren Bekannten, ob alles in Ordnung ist.
Das ständige Sorgen ist meist begleitet von einer erhöhten Anspannung sowie unterschiedlich ausgeprägten körperlichen Angstreaktionen (Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Herzrasen, Schwindel etc.).
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Die spezifischen Phobien haben einen klar abgrenzbaren Angstauslöser. Das kann theoretisch alles sein. Hierzu gehören u.a. die Flugangst, Höhenangst und Spinnenphobie.
Sportspezifik
Bei den Angststörungen können sich sportspezifische Besonderheiten beispielsweise in den Inhalten der Ängste ausdrücken. So können bei sozialen Phobien z.B. ausgeprägte Wettkampfängste oder Ängste im Umgang mit Medien vorliegen. Bei spezifischen Phobien im Sportkontext ist insbesondere die Flugangst zu nennen, die für betroffene Sportler sehr belastend werden kann, beispielsweise wenn sportbedingte Reisen anstehen
Quellenangaben
[1] Jacobi F, Höfler M, Siegert J et al. (2014) Twelve-month prevalence, comorbidity and correlates of mental disorders in Germany: the Mental Health Module of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1-MH). Int J Methods Psychiatr Res 2014